Peer Neugebauer gibt die Führung der Weilbacher Brandbekämpfer an Christian Marienfeld ab

WEILBACH. Es gibt gestandene Weilbacher Feuerwehrleute im besten Aktivenalter, die kannten bisher nur einen Wehrführer. Der hatte sie in der Jugendfeuerwehr begrüßt, in die Einsatzabteilung übernommen, befördert und geführt. Das ist jetzt anders. Peer Neugebauer ist nicht mehr Chef der Weilbacher Feuerwehr. Nach 30 Jahren an der Spitze der Stadtteilwehr hat der 56-Jährige in der Aktivenversammlung am Donnerstag den Staffelstab an seinen bisherigen Stellvertreter Christian Marienfeld (49) weitergegeben, der mit 27 Ja-Stimmen und einer Gegenstimme zum neuen Wehrführer gewählt wurde. Doch damit nicht genug. Auch als Stadtbrandinspektor will Neugebauer, der 2020 in einer Kampfabstimmung in das Amt gewählt wurde, nicht mehr antreten. In der Versammlung aller Stadtteilwehren im März wird sein bisheriger Stellvertreter, der Wickerer Wehrführer Markus Kaschel, für das Amt kandidieren. 

„Es war immer schwerer, das Ehrenamt mit dem Beruf zu koordinieren“, begründet Neugebauer den Schritt zurück ins Glied und fügt hinzu: „Nach 30 Jahren ist es irgendwann auch gut.“ Wird es ihm schwerfallen, nicht mehr Chef, sondern als Hauptbrandmeister wieder ganz normaler Teil der Einsatzabteilung zu sein? „Der Erik hat gesagt, das geht“, betont Neugebauer im Gespräch. „Der Erik“ ist Erik Niedermeier, einst Wickerer Wehrführer, der ebenfalls den Schritt zurück in die Mannschaft gegangen ist und damit offenbar keinerlei Probleme hatte. 

Die Feuerwehr hat einen großen Teil in Neugebauers Leben eingenommen. Mit 12 Jahren Mitglied, mit 17 in die Einsatzabteilung, später Wehrführer, dann Stadtbrandinspektor. „Es hat sich ergeben“, sagt Neugebauer, den weniger der Status eines Amtes als die Möglichkeit der Gestaltung auf der Karriereleiter nach oben getrieben hat. Dass er Dinge anpacken und verändern will, dafür spricht auch sein Engagement für den Weilbacher Vereinsring, den Förderverein Weilbach oder den Flörsheimer Angelsportverein. Peer Neugebauer hat an vielen Stellen Verantwortung übernommen. 

Zum Feuerwehrgeschäft hat er stets eine zuweilen distanziert wirkende Professionalität gewahrt. Neugebauer gehört nicht zu den Blaulichtjunkies, die den Einsätzen auch eine gewisse abenteuerbehaftete Spannung abgewinnen können. Ein Einsatz bedeutet für ihn vor allem, dass irgendwo eine akute Gefahr herrscht, der möglichst kompetent begegnet werden muss. Und akute Gefahren hat er bisher genug gesehen. Eine Reihe von Einsätzen habe sich tief in sein Gedächtnis gebrannt. „Es gibt Bilder und Eindrücke, die man nie vergisst“, sagt Neugebauer. Und dennoch gibt es auch die beglückenden Erlebnisse. „Ein Menschenleben zu retten, das gibt dir unheimlich viel. Wenn man das realisiert, ist es ein total angenehmes Gefühl“, beschreibt Neugebauer. 

Mit seiner Bilanz als Weilbacher Wehrführer ist er durchaus zufrieden. In seiner Amtszeit wurde der Fuhrpark einmal ausgetauscht, ein neues Feuerwehrgerätehaus wurde gebaut, die Kinderfeuerwehr etabliert. Wichtige technische Entwicklungen und die Professionalisierung auch der freiwilligen Wehren hat Peer Neugebauer aus nächster Nähe erlebt und mit gestaltet. Zu Beginn ist er noch in Latzhosen aus Baumwollstoff in die Einsätze gegangen, Lederhandschuhe an den Händen, Knobelbecher an den Füßen und einen Aluhelm auf dem Kopf. „Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht“, sagt Neugebauer mit Blick auf das, was an Material und Technik heute zur Verfügung steht. „Die Feuerwehr, die ich heute abgebe, hat nichts mit der Feuerwehr zu tun, die ich bei meinem Amtsantritt vorgefunden habe“, sagt Neugebauer. Doch trotz besserer Ausbildung und besserer Technik – eine Konstante gibt es. „Du kannst nichts alleine machen“, sagt Peer Neugebauer. 

Die Weilbacher Wehr sieht er gut aufgestellt, doch auch seinem Nachfolger Christian Marienfeld wird die Arbeit sicher nicht ausgehen. Das Ausbildungsniveau sei zu halten, sagt Neugebauer und fünf bis zehn Aktive mehr würden der Einsatzabteilung auch guttun. Der Blick auf das große Ganze stimmt ihn dagegen nachdenklich. Peer Neugebauer ist skeptisch, ob sich eine Kultur der Selbstbezogenheit und Selbstachtsamkeit, der besonderen Empfindsamkeit gegenüber eigenen Ansprüchen und der empfundenen Bringschuld der Gesellschaft gegenüber dem Individuum noch mit den Anforderungen einer freiwilligen Feuerwehr und dem Dienst am Nächsten vereinbaren lassen.

Von Jens Etzelsberger. Quelle: Main-Spitze von Samstag, 22. Februar 2025